Der Neue Markt um 1928

©Universitätsarchiv Rostock; Karl Eschenburg

Arbeitsplatz: Straßenbahn

Werfen Sie mit uns einen Blick in die Fahrerkabine und erfahren Sie, wie sich der Arbeitsplatz in den letzten 140 Jahren verändert hat.

Bei Wind und Wetter

Die Arbeit als Straßenbahnfahrer war ganz zu Anfang vor allem eins: Männersache. Weibliche Fahrerinnen gab es erstmals während des Ersten Weltkriegs, da fast alle Männer Kriegsdienst leisteten.

Straßenbahnfahrer war kein Schön-Wetter-Job! Die Fahrer verbrachten Ihren Arbeitstag stehend auf einem offenen Perron. Somit waren sie auf ihrer Plattform Wind und Wetter ausgesetzt.

 

Foto: Restaurierter Wagen 26 mit offenem Perron; Klima-Aktionstag 2019 (©Joachim Kloock)

Erst im Laufe der Zeit kamen die ersten Bahnen mit Fahrerkabine auf. So schmal wie die damaligen Straßenbahnen selbst, waren auch die Kabinen für das Personal noch sehr klein und eng gehalten. Aber immer mehr Rostockerinnen und Rostocker waren mit der Straßenbahn unterwegs. Das Fahrgastaufkommen wuchs – also mussten größere Bahnen her! So verbreiterte sich auch der Fahrerarbeitsplatz.

Auf andere Annehmlichkeiten musste man aber weiterhin verzichten. An Klimaanlagen war beispielsweise noch gar nicht zu denken! Da kam man schon mal ins Schwitzen an heißen Tagen. Nur ein kleines Klappfenster in der Fahrerkabine konnte da etwas Abhilfe schaffen.

Kräftig kurbeln

Auch das Fahren der Bahn war noch echte Handarbeit! Um die Straßenbahn zu fahren bzw. zu bremsen, war kräftig kurbeln angesagt.

Dabei war volle Konzentration gefragt: Mit der linken Hand schaltete der Fahrer mit der Kurbel die Fahrstufen entgegen des Uhrzeigersinns durch.  So wurde die Bahn beschleunigt. Um sie zu bremsen, musste man hingegen im Uhrzeigersinn kurbeln.

Auf der rechten Seite wurde die Handbremse fest gekurbelt, um im Stand nicht wegzurollen. Um sie lösen zu können, musste man diese über ein kleines Pedal im Fußraum entriegeln. Schienenbremse und Warnglocke waren ebenfalls im Fußraum zu finden. Das Fahren einer Straßenbahn erforderte also Muskelkraft und Koordination.
Auch Fahrziele und Liniennummern am Zielschild wurden vom Fahrer per Hand durch Kurbeln eingestellt. Das geht heute alles ganz automatisch!

Foto: Fahrerkabine im Wagen 46 mit Kurbel (©RSAG)
Foto: Fahrerkabine in der 6N2 (©RSAG)

Ergonomisch, praktisch, gut

Im Jahr 2021 zeigt sich der Arbeitsplatz unseres Fahrpersonals vor allem modern, übersichtlich und gut strukturiert. Bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge steht hier vor allem die Ergonomie im Vordergrund.

Der Fahrersitz bietet eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten, um der unterschiedlichen Körpergröße und Statur all unserer Fahrerinnen und Fahrer ergonomisch gerecht zu werden und Schwingungsbelastungen abzufedern. Heizung, Lüftung und Klimaanlage gehören natürlich zur Grundausstattung. Und die Wunschtemperatur lässt sich digital regeln.

Aus der engen Fahrerkabine ist ein breites Cockpit geworden. Alles wird elektronisch über Berührungen im Touchscreen oder über Schalter und Taster gesteuert. Viele Stellelemente lassen sich viel einfacher und mit nur einer Hand bedienen. Wichtige Funktionen wie Warnglocke, Schienenbremse oder der Bremssand sind in der Armlehne verbaut, um sie sehr schnell bedienen zu können.

Das Beschleunigen und Bremsen der Bahn wird allein durch die linke Hand über den Sollwertgeber gesteuert. Dieser ist wie ein Joystick: Stellt man ihn nach vorne, beschleunigt die Bahn. Stellt man ihn nach hinten, wird gebremst.
Aus der Sitzposition heraus, ist das Umfeld und die Anzeigen gut einsehbar. Spiegel wurden teilweise durch Kameras und Monitore ersetzt.

Gemeinsam mit dem Unternehmen hat also auch der Arbeitsplatz unseres Fahrpersonals eine deutliche Entwicklung erlebt. Mit dem stark angestiegenen Verkehrsaufkommen wächst auch der Anspruch an unsere Fahrerinnen und Fahrer und damit auch die Anforderungen an ihre Arbeitsumgebung.

Foto oben links: Fahrer im Straßenbahn-Typ 6N1 (©RABAUKE Filmproduktion UG)
Foto oben rechts: Fahrersitz im Straßenbahn-Typ 6N2 (©RABAUKE Filmproduktion UG)
Foto unten links: Verstellmöglichkeiten des Fahrersitzes (©RABAUKE Filmproduktion UG)
Foto unten rechts: In Armlehne eingebaute Funktionen (©RABAUKE Filmproduktion UG)

Mit der RSAG auf Zeitreise

Die RSAG-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wahre Zeitzeugen. Für den Einblick in das Arbeitsleben eines Straßenbahnfahrers bedanken wir uns bei

Steffen Radeloff
(Fahrlehrer bei der RSAG)

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